Nutzung von industriellem Ethernet als robuste und deterministische Alternative zu Standard-Ethernet
Zur Verfügung gestellt von Nordamerikanische Fachredakteure von DigiKey
2019-11-07
Ethernet ist der meistverwendete Standard für kabelgebundene lokale Netzwerke (LAN) und Weitbereichsnetzwerke (WAN). Die Kommunikation über Standard-Ethernet erscheint meist verzögerungsfrei, doch in Wirklichkeit gibt es keine Garantie, dass die Datenpakete im Netzwerk innerhalb eines festgelegten Zeitraums am Empfänger-Port ankommen.
Dieser Nichtdeterminismus kann in industriellen Anwendungen problematisch sein, wenn eine verzögerte Nachricht dazu führt, dass eine Fertigungslinie angehalten werden muss oder Beschäftigte verletzt werden. Für den erforderlichen Determinismus lässt sich eine abgeänderte Variante nutzen, das „industrielle“ Ethernet.
In diesem Artikel geht es darum, welche Elemente für das industrielle Ethernet entscheidend sind, und es werden zwei Ethernet-Switches von Delta Electronics betrachtet, die als Grundlage für ein deterministisches industrielles Ethernet-Netzwerk verwendet werden können.
Die Notwendigkeit von Determinismus im Ethernet
Ethernet ist ein Standard für physikalische Netzwerke, der festlegt, welche physikalischen Kabel und Verbinder zur Übertragung von Datenpaketen in einem Netzwerk genutzt werden. Standard-Ethernet verwendet die TCP/IP-Protokolle, um festzulegen, wie Daten zwischen mit dem Netzwerk verbundenen Geräten ausgetauscht werden. Doch selbst in einem lokalen Netzwerk ist TCP/IP nicht deterministisch und kann Verzögerungen von bis zu mehreren hundert Millisekunden verursachen. Bei lokalen Netzwerken in Industrieanlagen, die industrielle Automatisierungssysteme verbinden, ist das inakzeptabel. Diese Systeme sind häufig davon abhängig, dass Pakete oder Meldungen innerhalb eines festgelegten Zeitfensters eintreffen, und benötigen Reaktionszeiten von höchstens 10 Millisekunden (ms), in Extremfällen sogar schneller als 1 ms.
Ein weiteres beliebtes Ethernet-Frame-Format (auch Kommunikationsprotokoll genannt), das in Industrienetzwerken zum Einsatz kommt, ist Profinet. Es wurde als vereinfachte Alternative zu vollem TCP/IP entwickelt. Die Echtzeitversion Profinet RT priorisiert Daten, sodass Meldungen für die Prozesssteuerung mit hoher Priorität und unter strengeren Zeitvorgaben übertragen werden können. Statusmeldungen, die weniger zeitkritisch sind, würden eine geringere Priorität erhalten. Allerdings ist auch Profibus RT immer noch nicht deterministisch. Um Determinismus zu ermöglichen, wurde eine isochrone Version von Profinet RT entwickelt: Profinet IRT.
Profinet IRT erreicht den Determinismus, indem die Netzwerkbandbreite mit festen Zeitfenstern belegt wird: Die IRT-Daten nutzen das eine Zeitfenster, die RT- und IP-Daten das andere. So lassen sich Geräte am IRT-Zeitfenster so takten, dass sie Daten deterministisch empfangen.
Dabei darf Folgendes nicht vergessen werden: Wenn ein industrielles Ethernet-Netzwerk auf einem deterministischen Kommunikationsprotokoll wie Profinet IRT basiert, müssen alle mit dem Netzwerk verbundenen Geräte auch mit Profinet IRT kompatibel sein. Aus diesem Grunde funktionieren typische TCP/IP-Geräte wie IP-Kameras und Hardware-Firewalls in diesem Netzwerk nicht. Dadurch entsteht eine Sicherheitsschicht, denn die Beschäftigten werden daran gehindert, unzulässige Geräte über das Netzwerk zu betreiben.
Vom Ethernet-Hub zum robusten Switch
Ein Ethernet-Hub fungiert als Repeater und macht das Netzwerk damit nicht deterministisch. Datenpakete von einem einzelnen Port werden an alle anderen Ports im Netzwerk des Hub gesendet. Wenn also 25 Ports mit dem Hub verbunden sind und Port 3 ein Datenpaket verschickt, das für Port 22 bestimmt ist, sendet der Hub die Datenpakete nicht nur an Port 22, sondern an alle Ports. Da alle Ports, die mit dem Hub verbunden sind, dieselbe Bandbreite nutzen, konkurrieren sie um die Bandbreite. Dadurch erhöht sich die Wahrscheinlichkeit von Kollisionen, wodurch die Pakete verzögert werden und kein Determinismus möglich ist. Darüber hinaus kann der Hub aufgrund dieses Aufbaus einzelne Meldungen nur nacheinander versenden. Wenn ein anderer Port Daten senden möchte, muss er warten, bis das Netzwerk wieder frei ist. Daher sind Ethernet-Hubs grundsätzlich nicht deterministisch.
Demgegenüber ist ein Ethernet-Netzwerk-Switch ein intelligentes Gerät. Es speichert die eindeutige MAC-Adresse aller Geräte, die mit dem Switch verbunden sind, in einer internen MAC-Adresstabelle, üblicherweise in Hochgeschwindigkeits-RAM. Da der Switch die MAC-Adressen aller Geräte kennt, die mit ihm verbunden sind, kann er Datenpakete ausschließlich an den Port senden, für den sie bestimmt sind. Wenn also Port 3 ein Datenpaket an Port 22 sendet, leitet der Switch das Datenpaket nur an Port 22 weiter.
Ein Switch ist in der Lage, zahlreiche simultane Datenkommunikationen zu bewältigen. Daher kann Port 3 Daten an Port 22 senden, während Port 4 gleichzeitig Datenpakete an Port 7 sendet. Somit gibt es keine für Ethernet-Hubs typische Kollisionen mehr, und gleichzeitig erhöht sich die Geschwindigkeit, Effizienz und der Durchsatz des gesamten Netzwerks. Da die einzige Verzögerung in der bekannten (im Datenblatt angegebenen) Schaltgeschwindigkeit des Switches liegt, sind Netzwerk-Switches für ein deterministisches Ethernet-Netzwerk unabdingbar.
Darüber hinaus entsteht durch den Netzwerk-Switch eine zusätzliche Sicherheitsschicht. Da jeder einzelne Port nur die Datenpakete erhält, die für ihn bestimmt sind, lässt sich das Netzwerk nicht mit einem Gerät überwachen, das an einen Port gesteckt wird.
Die Switches für industrielles Ethernet sind sogar noch solider als handelsübliche Ethernet-Switches. Während handelsübliche Ethernet-Switches für leichte Belastungen zu Hause oder im Büro geeignet sind, können Switches für industrielles Ethernet sogar der rauen Umgebung in einer Fabrikhalle standhalten; sie sind sogar bei starken Vibrationen, Stößen und extremen Temperaturen einsetzbar. Zudem sind Switches für industrielles Ethernet darauf ausgelegt, dass sie sich auch in Umgebungen mit explosiven Gasen sicher nutzen lassen und dass sie korrosiver Atmosphäre standhalten.
Ethernet auf Hutschienen
Ein typischer Vertreter für den industriellen Ethernet-Switch ist der auf Hutschienen montierbare DVS-005W01 von Delta Eletronics mit 5 Ports (Abbildung 1).
Abbildung 1: Der industrielle Ethernet-Switch DVS-005W01 von Delta Electronics ist ein robuster Switch, der auch rauer Industrieumgebung standhält. Er unterstützt fünf Ethernet-Ports und entspricht der Schutzart IP40. (Bildquelle: Delta Electronics)
Wie alle Ethernet-Switches überträgt der DVS-005W01 die Datenpakete nur an den Empfänger-Port. Er unterstützt 100Base-T-Übertragungsgeschwindigkeiten von bis zu 100 Megabit pro Sekunde (Mbit/s). Die MAC-Adresstabelle unterstützt 1024 Einträge, und für die weitergeleiteten Datenpakete steht ein Zwischenspeicher mit 512 KB zur Verfügung. Im Gegensatz zu handelsüblichen Switches und Hubs, die über ein einzige Stromversorgung verfügen, besitzt der DVS-005W01 zwei redundante Stromeinspeisungen für 12 bis 48 Volt; wenn also eine Stromversorgung versagt, lässt sich ganz einfach ohne zusätzliche externe Hardware die zweite Stromversorgung einschalten.
Der DVS-005W01 unterstützt eine interne Schaltgeschwindigkeit von 1 Gigabit pro Sekunde (Gbit/s); das ist die Geschwindigkeit des Netzwerk-Switches bei der Verarbeitung ankommender und ausgehender Datenpakete. Dabei handelt es sich um eine wichtige Anforderung an deterministisches Verhalten, denn höhere Schaltgeschwindigkeiten bedeuten kürzere Verzögerungen.
Für komplexere Industrienetzwerke hat Delta Electronics auch den Ethernet-Switch DVS-016W01 mit 16 Ports im Angebot (Abbildung 2).
Abbildung 2: Der DVS-016W01 von Delta Electronics unterstützt 16 Ethernet-Ports und wird auf Hutschienen oder einer Wandhalterung montiert. (Bildquelle: Delta Electronics)
Der DVS-016W01 besitzt eine MAC-Adresstabelle, die 8192 Einträge unterstützt, sowie einen 1-Mbit-Zwischenspeicher für Datenpakete. Er unterstützt eine interne Schaltgeschwindigkeit von 3,2 Gbit/s.
Der 5-Port-Switch und der 16-Port-Switch von Delta Electronics sind beide nicht verwaltet (unmanaged), das heißt sie funktionieren nach dem Plug&Play-Prinzip. Sobald ein Netzwerkgerät in einen der Ports gesteckt wird, erkennt der Switch automatisch die MAC-Adresse des Geräts und speichert sie in seiner internen MAC-Adresstabelle. Die Autoerkennung der MAC-Adressen funktioniert auch beim Aus- und Einschalten des Switches. Verwaltete Switches verfügen über mehr Steuerungsfunktionen für den Datenverkehr pro Port, die bei der Installation konfiguriert werden müssen.
Zu den Switches sind Ethernet-Industriekabel mit der Schutzart IP67 oder IP68 erhältlich. Diese Ethernet-Kabel halten hohen Belastungen stand und sind selbst dann einsetzbar, wenn sie extrem hohen oder niedrigen Temperaturen, aggressiven Lösungsmitteln, Wasser oder sonstigen Einflüssen ausgesetzt sind. Kabel für industrielles Ethernet sind zudem widerstandsfähiger, wenn sie abgeknickt, verdreht oder gedehnt werden oder sonstige Belastungen erfahren, die in Fabrikhallen auftreten können.
Fazit
Für Anwendungen in der industriellen Automatisierung gelten Anforderungen in Bezug auf Kommunikationslatenzzeiten, Determinismus und robuste Hardware, die weit über die Möglichkeiten des Standard-Ethernet hinausgehen. Allerdings können Entwickler und Anlagentechniker ein Ethernet einrichten, das den industriellen Anforderungen entspricht, indem sie deterministische Kommunikationsprotokolle und für diese Zwecke vorgesehene Switches und Kabel verwenden.
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