Was ist der Farbwiedergabeindex, und warum ist er wichtig?

Von Steven Keeping

Zur Verfügung gestellt von Electronic Products


In der Mitte des 20. Jahrhunderts haben sich Wissenschaftler mit der Frage beschäftigt, wie verschiedene Lichtquellen die Farbwahrnehmung von Objekten beeinflussen. Die Farbwiedergabe von Lichtquellen wurde in Bezug auf die Farbwiedergabe von Tageslicht klassifiziert. Man war der Annahme, dass eine solche Klassifizierung Lichtingenieuren helfen würde, für jede Anwendung die passende Lichtquelle zu finden. Zu diesem Zweck wurde der Farbwiedergabeindex Ra (engl. Colour Rendering Index, CRI) aufgestellt.

Mit diesem Index können Lampenhersteller ihre Produkte auf verschiedene Zielmärkte ausrichten. Beispielsweise ist für die Studiobeleuchtung eines Fotografen ein hoher Ra-Wert unerlässlich, während bei Straßenbeleuchtungen die Wirtschaftlichkeit Vorrang vor der Farbwiedergabe hat.

LED-Hersteller können mit dem Ra-Wert einen direkten Vergleich ihrer Produkte mit konventionellen Leuchtmitteln vornehmen. Mit dieser Möglichkeit, Lichtquellen zu vergleichen, lassen sich auch Verbraucher davon überzeugen, dass LED-Lampen eine echte Alternative zu den traditionellen Leuchtmitteln darstellen. Für Weißlicht-LEDs, die aus roten, grünen und blauen LEDs bestehen, wurde allerdings die Gültigkeit dieser Vergleiche mit dem Farbwiedergabeindex von manchen Fachleuten infrage gestellt. Denn in den Augen von Verbrauchern ist die Farbwahrnehmung unter solchen Lichtquellen viel natürlicher, als der niedrige Ra-Wert nahelegen würde.

Dieser Artikel liefert eine Definition des Farbwiedergabeindex Ra und erläutert, wie Produkte geprüft und klassifiziert werden. Er wirft einen Blick auf einige aktuelle Weißlicht-LEDs und vergleicht deren Leistung mit konventionellen Wettbewerberprodukten.

CIE-Testfarbenverfahren


Der Farbwiedergabeindex Ra ist ein quantitatives Maß für die Fähigkeit einer Lichtquelle, die Farben von verschiedenen Objekten im Vergleich zu einer idealen oder natürlichen Lichtquelle farbgetreu wiederzugeben. Der Index wurde von der Internationalen Beleuchtungskommission (frz. Commission Internationale de l'Éclairage, CIE) formalisiert: „Farbwiedergabe ist die Wirkung einer Lichtart auf die Farberscheinung von Objekten durch bewussten oder unterbewussten Vergleich mit der Farberscheinung unter einer Referenzlichtquelle.“

Der Ra wird anhand der Unterschiede in der Farberscheinung von acht CIE-Normfarben berechnet, die mit einer Testlichtquelle und einer Referenzlichtquelle beleuchtet werden. Test- und Referenzlichtquelle haben dabei die gleiche korrelierte Farbtemperatur (Correlated Color Temperature, CCT). (Siehe TechZone-Artikel „Definieren der Farbeigenschaften von Weißlicht-LEDs“ in englischer Sprache).

Bei Farbtemperaturen unter 5000 K entspricht die zur Berechnung des Ra-Wertes verwendete Referenzlichtquelle der spektralen Energieverteilung (Spectral Power Distribution, SPD) von schwarzen Strahlern. Bei Farbtemperaturen über 5000 K werden imaginäre SPDs aus einem mathematischen Modell des Tageslichts herangezogen. Diese beiden Referenzlichtquellen wurden ursprünglich als Annäherung an die Eigenschaften von Glühlampen und Tageslicht ausgewählt.1 Abbildung 1 zeigt die gewählte SPD für Tageslicht im Vergleich mit einigen herkömmlichen Lichtquellen einschließlich Weißlicht-LEDs.

Spektrale Energieverteilung des Tageslichts im Vergleich zu herkömmlichen Lichtquellen

Abbildung 1: Spektrale Energieverteilung des Tageslichts im Vergleich zu herkömmlichen Lichtquellen einschließlich Weißlicht-LEDs (mit freundlicher Genehmigung von Olympus America).

Je geringer die mittlere Differenz zwischen den Farbwerten von Referenzlichtquelle und Testlichtquelle bei den acht Testfarben ausfällt, desto höher ist der Ra-Wert. (Das tatsächliche Verfahren zur Ra-Berechnung ist komplexer und würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. Interessierte Leser finden weiterführende Informationen über die Technik in der Literaturangabe Nr. 2. Proprietäre Software ist ebenfalls verfügbar, um das Verfahren zu vereinfachen.) Die Testfarben decken den Farbkreis ab, haben eine moderate Sättigung und in etwa dieselbe Helligkeit. Daten für sechs weitere Testfarben (kräftiges Rot, Gelb, Grün und Blau sowie Haut- und Laubfarben) sind ebenfalls verfügbar.

In dem von der CIE herausgegebenen technischen Bericht von 1995 ist detailliert beschrieben, wie das CIE-Testfarbenverfahren durchgeführt wird.3

Natürliches Licht wird mit dem bestmöglichen Ra-Wert von 100 eingestuft. Niedrigere Ra-Werte geben an, dass Farben unnatürlich erscheinen, wenn sie von der Testlichtquelle beleuchtet werden. Glühlampen haben einen Ra von über 95. Dieser hohe Wert bedeutet, dass die Farben mit traditionellen Glühlampen gut wiedergegeben werden (mit Ausnahme der dunklerer Blautöne). Dies ist ein Grund dafür, warum sich Verbraucher scheuen, diese Energiefresser gegen umweltfreundlichere Technologien auszutauschen (Abbildung 2).

Glühlampe

Abbildung 2: Glühlampen zeichnen sich durch hervorragende Farbwiedergabeeigenschaften aus, haben aber einen sehr schlechten Wirkungsgrad.

Die kühlweißen Leuchtstofflampen haben einen Ra von 62. Demgegenüber zeigen Leuchtstofflampen mit Seltenerdleuchtstoffen Ra-Werte von 80 und höher. Quecksilberdampflampen haben einen schlechten Farbwiedergabeindex von 45, Halogenlampen hingegen einen guten Ra von 90 oder besser, während Kompaktleuchtstofflampen einen Ra von ca. 80 zeigen. Wie schneiden LEDs ab?

Farbwiedergabeindex von LEDs

In der Regel gilt, je weiter die spektrale Energieverteilung (SPD) einer Lichtquelle vom „Vollspektrum“ des Tageslichts abweicht, desto schlechter ist der Ra-Wert. Ein extremes Beispiel sind Natriumdampflampen für die Straßenbeleuchtung, die rund 90 Prozent ihres Lichts im gelben Teil des Spektrums (ca. 589,3 nm) emittieren. Folglich haben Natriumdampflampen einen Ra von 0.

Für die Erzeugung von weißem Licht mit LEDs gibt es zwei verschiedene Verfahren: Das erste Verfahren besteht darin, rote, grüne und blaue (RGB) LEDs dicht nebeneinander anzuordnen, sodass die Lichtmischung für das Auge als „Weiß“ wahrgenommen wird. Die zweite Technik (die sich für die breite Masse von Beleuchtungsanwendungen bewährt hat) kombiniert eine Königsblau-LED mit einem Yttrium-Aluminium-Granat(YAG)-Leuchtstoff. Der Leuchtstoff absorbiert einen Teil des blauen LED-Lichts und gibt es in einem breiten Spektrum von Wellenlängen wieder ab. Die abgegebene Lichtmischung enthält etwas Grün und Rot und viel Gelb. (Siehe TechZone-Artikel „Weißere, hellere LEDs“ in englischer Sprache.)

Abbildung 3 zeigt die spektrale Energieverteilung einer Weißlicht-LED, die aus einzelnen RGB-Bauteilen besteht. Es überrascht daher wenig, dass die Peaks im roten, grünen und blauen Bereich des Spektrums liegen. Da sich dieses Spektrum von dem Vollspektrum für Tageslicht stark unterscheidet, ist die Farbwiedergabe dieser Weißlicht-LEDs mit einem Ra von 27 relativ schlecht. Das ist jedoch nicht alles: Interessanterweise empfinden die Verbraucher das weiße Licht, das von handelsüblichen RGB-LED-Clustern erzeugt wird, als optisch ansprechend und die wiedergegebenen Farben als natürlich. Eine mögliche Ursache für diese Reaktion ist die Tatsache, dass diese Art von LEDs tendenziell die meisten Farben mit einer höheren Sättigung wiedergeben, ohne den Farbton unangenehm zu verändern.4

Spektrale Energieverteilung

Abbildung 3: Die spektrale Energieverteilung einer Weißlicht-LED auf RGB-Basis zeigt Peaks bei den roten, grünen und blauen Wellenlängen.

Die stärker verbreitete Weißlicht-LED mit Königsblau/YAG-Leuchtstoff kommt dem Vollspektrum des Tageslichts näher. Abbildung 4 zeigt die SPD-Kennlinien einer LED der Serie Philips Lumileds LUXEON 3535 für mehrere Farbtemperaturen. Dieses Bauteil hat einen Wirkungsgrad von 103 lm/W (bei 100 mA/3,1 V). Hersteller von Weißlicht-LEDS mit Leuchtstoff (z. B. Philips Lumileds) investieren viel Geld in die Feinabstimmung ihres Leuchtstoffs, um eine breitere Streuung der Wellenlängen zu erhalten und damit Lichtqualität und Farbwiedergabeindex zu verbessern. Die Philips Lumileds hat einen Ra-Wert von 82.

Spektrale Energieverteilung einer Philips Lumileds LED

Abbildung 4: Spektrale Energieverteilung einer Philips Lumileds LED.

Auch andere große Hersteller bieten weiße LEDs mit hohem Ra an. Cree liefert XLamp XM L2-Chips mit einem Wirkungsgrad von 153 lm/W (bei 700 mA/2,9). Der typische Ra-Wert für die warmweiße Ausführung (2600-3700 K Farbtemperatur) der XM-L2 liegt bei 80, es werden aber auch Bauteile mit einem Ra bis zu 90 angeboten.

OSRAM liefert ebenfalls eine Reihe von Weißlicht-LEDs mit hohem Ra, darunter die Produktfamilie OSLON SSL. Die SSL 150-Weißlicht-LEDs haben einen Wirkungsgrad von 106 lm/W (bei 350 mA/2,95 V) und einen Ra von 83. Der Farbwiedergabeindex der gesamten Produktfamilie reicht von 65 bis 95.

Vergleichsgröße für die Farbwiedergabe

Der Farbwiedergabeindex Ra hat sich als Vergleichsgröße für Beleuchtungsmittel bewährt – besonders in Situationen, in denen es auf die natürliche Farbwiedergabe ankommt (z. B. in Produktions- und Büroumgebungen). Die Verbraucher kennen und schätzen die Vorteile von Lichtquellen mit hohem Ra-Wert, denn die Glühlampe hat als wichtigstes Beleuchtungsmittel in privaten Haushalten über hundert Jahre lang den Markt beherrscht.

LEDs bieten gegenüber traditionellen Leuchtmitteln viele Vorteile. Dazu zählen vor allem der hohe Wirkungsgrad und die Langlebigkeit. Die Verbraucher sind aber eher geneigt, sich auf LED-Beleuchtung umzustellen, wenn das emittierte Licht optisch so ansprechend ist wie die ältere Technologie.

Bedeutende Investitionen von LED-Herstellern in Leuchtstoffe für Weißlicht-LEDs haben dazu geführt, dass die Ra-Werte ihrer Produkte inzwischen auf 80 gesteigert werden konnten. Die Weißlicht-LEDs auf RGB-Basis sind noch im Hintertreffen. Ingenieure prüfen aber derzeit, ob das aktuelle Testfarbenverfahren zur Berechnung des Farbwiedergabeindex (das noch vor dem Zeitalter von LED-Beleuchtungen entwickelt wurde) die Farbwiedergabeeigenschaften dieser modernen Bauteile tatsächlich adäquat beschreiben kann. (Siehe TechZone-Artikel „Farbwiedergabe von Lichtquellen“ in englischer Sprache.)

Literaturangaben:
  1. What is color rendering index“ (Was ist der Farbwiedergabeindex), Lighting Research Center, Rensselaer Polytechnic Institute.
  2. http://en.wikipedia.org/wiki/Color_rendering_index#Test_method
  3. Verfahren zur Messung und Kennzeichnung der Farbwiedergabe-Eigenschaften von Lichtquellen“, CIE, 1995.
  4. Color Rendering Index and LEDs“ (Farbwiedergabeindex und LEDs), U.S. Department of Energy, Januar 2008.

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Über den Autor

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Steven Keeping

Steven Keeping is a contributing author at DigiKey. He obtained an HNC in Applied Physics from Bournemouth University, U.K., and a BEng (Hons.) from Brighton University, U.K., before embarking on a seven-year career as an electronics manufacturing engineer with Eurotherm and BOC. For the last two decades, Steven has worked as a technology journalist, editor and publisher. He moved to Sydney in 2001 so he could road- and mountain-bike all year round, and work as editor of Australian Electronics Engineering. Steven became a freelance journalist in 2006 and his specialities include RF, LEDs and power management.

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