Sensortechniken für die Lastüberwachung in Smart-Energy- und Automationslösungen
Zur Verfügung gestellt von Europäische Fachredakteure von DigiKey
2015-09-10
Erfassung für smartere Energie
Aus Umweltschutz- und Kostengründen kommt dem Zählen von Strom heutzutage eine zentrale Bedeutung zu. Angesichts der Schließung von mit fossilen Brennstoffen arbeitenden Kraftwerken im Rahmen von Initiativen wie der EU-Richtlinie zur Begrenzung von Schadstoffemissionen von Großfeuerungsanlagen müssen sich Stromnetze zunehmend auf erneuerbare Energiequellen stützen. Dies wiederum rückt das Nachfragemanagement sowie die Herbeiführung eines geänderten Verbraucherverhaltens in den Mittelpunkt. Weltweit sind die Regierungen dabei, intelligente Zähler einzuführen, mit denen Versorgungsunternehmen und Verbraucher die Informationen bekommen sollen, mit denen das Angebot verwaltet und die Nachfrage beschränkt werden kann, um so die Stabilität des Stromnetzes zu gewährleisten und gleichzeitig das Klima zu schützen.
Die Umstellung auf intelligente Zähler wird einige Zeit in Anspruch nehmen, aber Geräte zum Anzeigen des Energieverbrauchs in Haushalten (Abbildung 1) sind bereits im Einsatz. Diese Geräte liefern Nutzern Verbrauchsdaten in Echtzeit, damit Einsparmöglichkeiten erkannt werden können. Die Strom- und Energieberechnungen sind dabei auf genaue Stromflussmessungen angewiesen, die von einem im Zählergehäuse installierten Sensor vorgenommen werden. Der Zähler überträgt anschließend die Daten kabellos an einen Empfänger und eine Anzeigeeinheit im Haushalt. Wichtig ist hierbei, dass sich der Stromsensor einfach und ohne weitere Beeinträchtigung des vorhandenen Zählers bzw. der ins Haus führenden Hauptversorgungsleitung installieren lässt: Ideal ist ein einfaches Anklemmen an die Versorgungsleitung, ohne einen Anschluss an die Schaltung.

Abbildung 1: Ein im Haushalt verwendetes Energieanzeigegerät mit anklemmbarem Sensor und Informationsanzeige liefert Verbrauchsdaten, ohne dass dafür eine umfangreiche Nachrüstung des Energiezählers erforderlich ist.
Erfassung für Management und Schutz von Anlagen
Neben den neuen Smart-Energy-Anwendungen nehmen isolierte Stromsensoren auch in der industriellen Automation zahlreiche Aufgaben wahr. So tragen sie beispielsweise zu einem energieeffizienten Betrieb von Anlagen bei, indem sie schnell Anlagenausfälle erkennen oder Sicherheitsverriegelungen koordinieren. Die zu erkennenden Ströme reichen dabei von einigen wenigen Milliampere bis hin zu zehn- oder hunderttausenden Ampere. Wird die Information an eine Stromnetzleitung (PLC) übertragen, kann das System einen Alarm auslösen oder Abhilfemaßnahmen einleiten (Abbildung 2).

Abbildung 2: Stromabhängige Steuerung von Maschinen und externe Schaltung.
Um die Energieeffizienz zu verbessern und eine Oberwellenverunreinigung der AC-Leitung zu verhindern, findet die Leistungsfaktorkorrektur (PFC) breite Anwendung. Lasten wie große Motoren, die hoch induktiv sind, weisen einen niedrigen Leistungsfaktor auf, wenn nicht Korrekturkondensatoren am Eingang angeschlossen werden. Die benötigte Kapazität ist bei den schwersten Lastbedingungen am höchsten, wenn der Leistungsfaktor am niedrigsten ist. Bei leichteren Lasten jedoch kann es zu einer Überkorrektur kommen, wenn die Kapazität nicht reduziert wird. Mit einer Überwachung des Motoreingangsstroms kann das System erkennen, welche Last gerade anliegt. Wenn es sich um eine leichte Last handelt, kann ein strombetriebener Schalter den Kondensator zur Leistungsfaktorkorrektur abschalten, um so eine Überkorrektur zu verhindern.
Bei einem Ausfall einer automatisch laufenden Fabrikanlage müssen so schnell wie möglich der Fehler erkannt und Abhilfemaßnahmen ergriffen werden. Beispiele sind die Steuerung von Industrieöfen oder pharmazeutische Produktionsprozesse, bei denen eine Erhitzung auf eine exakt eingestellte Temperatur erforderlich ist. Ein Ausfall eines Heizelements muss schnell erkannt werden, um einen Produktionsverlust zu vermeiden, aber die Temperaturüberwachung kann bei der Fehlererkennung zu langsam sein. Wenn erst dann gehandelt wird, wenn die Temperatur sich spürbar geändert hat, können die Qualität leiden und wertvolle Rohstoffe verschwendet werden. Wird hingegen der plötzliche Abfall des Stroms erkannt, der sich bei einem Ausfall des Elements einstellt, liegt ein unmittelbarer Hinweis vor, mit dem eine schnelle Reaktion wie das Einschalten eines Reserveheizelements ausgelöst werden kann.
Ebenso können mit der Erfassung des Eingangsstroms eines Motors Probleme wie ein blockiertes Laufband direkt erkannt und die Strommessung an die Stromnetzleitung gesendet werden, damit der Motor zur Sicherheit rasch ausgeschaltet wird.
Eine weitere Anwendungsmöglichkeit für die Strommessung in Industrieanlagen ist die Handhabung von Sicherheitsverriegelungen. Dabei können diese zum Schutz der Bediener so ausgelegt sein, dass sie ein Öffnen der Schutzvorrichtung verhindern, wenn die Maschine noch läuft. Alternativ können Verriegelungen auch eine Beschädigung von Anlagen verhindern oder bei der Koordinierung von Prozessen helfen, indem sie dafür sorgen, dass verschiedene Antriebs- und Schaltelemente nur in der richtigen Reihenfolge arbeiten können. Da der Stromverbrauch einen zuverlässigen Hinweis darauf gibt, ob ein Untersystem an oder aus ist, stellen strombetriebene Schalter ein perfektes Mittel zum Koordinieren dieser Verriegelungen dar.
Schließlich wird im Rahmen von Initiativen zur allgemeinen Verbesserung der Sicherheit im industriellen Umfeld ein Erdschlussschutz bei jeder Maschine umgesetzt, zusätzlich zu der Schutzschaltung, die üblicherweise bei den Hauptschutzschaltern installiert ist. Wenn ein Erdschlusssensor eingesetzt wird, der den Strom in den Versorgungsleitungen hin zur Anlage überwacht, können auch geringe Leckströme – die symptomatisch für einen Fehler im Erdstromkreis sind – schnell und zuverlässig erkannt werden.
Aktuell verfügbare Sensoren
Ein Sensor, der sich für den Einsatz in strombetriebenen Schaltern, Fehlererkennungen und Zählern eignet, zeichnet sich u.a. durch die folgenden Merkmale aus: elektrische Isolierung für ein Höchstmaß an Sicherheit, minimale Stromaufnahme aus der überwachten Schaltung, leichte Bedienbarkeit und geringe Kosten. Je nach konkreter Anwendung können auch der Messbereich und die Bandbreite sowie die Einsatzfähigkeit unter widrigen Umgebungsbedingungen wichtige Kriterien sein. Geräte wie Hall-Sensoren, Stromwandler und Rogowski-Spulsensoren sind drei zentrale Arten von Sensoren, die diesen Anforderungen entsprechen.
Hall-Sensoren
Der Hall-Effekt-Stromsensor reagiert auf das sich um den stromführenden Leiter herum aufbauende magnetische Feld und generiert eine Ausgangsspannung, die sich proportional zu dem im Leiter fließenden Strom verhält. Ein typischer linearer Stromsensor vereint einen IC mit Hall-Element mit einem Magnetkern, mit dem der magnetische Fluss auf den Hall-Effekt-IC gelenkt werden soll. Der IC und der Kern befinden sich in einem Plastikgehäuse, das dafür sorgt, dass die beiden Komponenten korrekt zueinander positioniert sind.
Der Hall-Sensor TLI4970 von Infineon enthält differenzielle Hall-Elemente und benötigt keinen Konzentrator. Hystereseeffekte sind ausgeschlossen, da kein Konzentrator erforderlich ist; gleichzeitig sorgt das Prinzip der differenziellen Erfassung dafür, dass keine externen magnetischen Felder die Strommessungen stören. Der TLI4970 integriert die Hall-Sensoren entlang der analogen und digitalen Signalaufbereitungsschaltung (Abbildung 3) und benötigt etwa ein Sechstel des Platinenplatzes, den vergleichbare Sensoren beanspruchen. Er kann Wechsel- und Gleichströme von bis zu ±50 A messen. Eine hohe Strommessfähigkeit ist eine bekannte Stärke von Hall-Sensoren, auch wenn Sensoren wie Rogowski-Spulen und Stromwandler im Allgemeinen eine höhere Linearität über ihren Messbereich bieten.

Abbildung 3: Der TLI4970 beseitigt Hystereseeffekte und spart Platz auf der Platine.
Stromwandler
Stromwandler werden schon lange für Steuerung, Schaltungsschutz und Überwachung von Geräten wie Schaltnetzteilen eingesetzt und nehmen darüber hinaus aus auch präzise Strommessungen in Instrumentierungsanwendungen vor. Die Stromwandler können Wechselströme messen und sorgen für eine elektrische Isolierung zwischen der Primär- und Sekundärwicklung.
Der Nennstrom der Primärwicklung bestimmt praktisch den Messbereich, wobei ein hohes Windungsverhältnis eine hohe Messauflösung ermöglicht. Je nach Stromwandler und Anwendung kann dieses Verhältnis zwischen 1:20 und 1:1000 liegen. Ein zu hohes Verhältnis kann kapazitive und induktive Effekte in dem Wandler verstärken und damit zu ungenauen Messungen führen. Andererseits kann jedoch auch ein zu niedrig gewähltes Windungsverhältnis aufgrund einer Verzerrung des Ausgangssignals zu Ungenauigkeiten führen.
Ein Nachteil von Stromwandlern ist der Umstand, dass für die Messung hoher Ströme geeignete Elemente physisch recht groß sein können. Auf der anderen Seite eignen sich kleine Stromwandler mit Oberflächenmontage wie die Reihe 5300 von Murata für einen Einsatz in Geräten wie Motorsteuerungen, Schaltnetzteile und Vorschaltgeräte für elektronische Beleuchtungen und können Ströme von bis zu etwa 10 A mit einer maximalen Bandbreite von 500 kHz messen.
Typische Stromwandler sind um einen ringförmigen Metallkern gewickelt, durch den das stromführende Kabel geführt werden muss. Alternativ besteht bei einem Stromwandler mit geteiltem Kern die Möglichkeit, den Stromwandler um das Kabel festzuklemmen. Damit kann der Sensor leichter installiert werden, wie in dem Beispiel mit der im Haushalt verwendeten Datenanzeige beschrieben. CR Magnetics bietet die RMS-AC-Stromwandler der Reihe CR4100 an, die sinusförmige bzw. nicht-sinusförmige Wellenformen genau messen und in ringförmiger Ausführung oder mit geteiltem Kern bestellt werden können.
Rogowski-Spulsensoren
Stromsensoren, die nach dem Rogowski-Spulprinzip arbeiten, beanspruchen für sich eine Reihe von Vorteilen gegenüber Hall-Sensoren und Stromwandlern. Dazu gehören die Fähigkeit, große Ströme ohne Sättigung messen zu können, eine größere Bandbreite als andere Sensorarten sowie die Fähigkeit, Ströme zu messen, die sich um bis zu mehrere tausend Ampere pro Mikrosekunde schnell ändern. Zudem können sie auch kleine AC-Ströme messen, die einen größeren DC-Offset aufweisen.
Ein Rogowski-Spulsensor ist um den stromführenden Leiter angeordnet, wie in Abbildung 4 zu sehen ist. Der im Leiter fließende Strom induziert eine Spannung in der Spule, die proportional zu der Änderungsrate des Stroms ist. Der fließende Momentanstrom wird dann durch die Integration dieser Spannung berechnet. Die Schaltung, die diese Integration vornimmt, kann extern implementiert oder in den Sensor eingebaut werden, um eine Spannung an den Ausgangsklemmen zu generieren, die proportional zum Strom ist. Da die Spule nicht mit dem stromführenden Leiter elektrisch verbunden ist, ist eine elektrische Isolierung implizit gegeben.

Abbildung 4: Die Rogowski-Spule ist um den zu messenden stromführenden Leiter positioniert.
Rogowski-Spulsensoren können für die Messung von Strömen zwischen einigen wenigen Milliampere und hunderten von Kiloampere ausgelegt werden. Pulse Electronics bietet eine große Auswahl an Sensoren an, darunter die PA320-Reihe, die einen dynamischen Bereich von 0,1 A bis 1000 A, eine Bandbreite von 500 kHz und eine sehr hohe Genauigkeit aufweist, die den Anforderungen der Genauigkeitsklasse 0.2 nach ANSI C12.20 und der Klasse 1 gemäß IEC 62053-21 entspricht. Damit eignen sich die Sensoren für Präzisionsstrommessungen in intelligenten Zählern.
Fazit
Von hochgenauer Strommessung in Messanwendungen bis hin zur Nutzung der hohen Geschwindigkeit bei der Stromüberwachung, um Industrieanlagen zu managen und kritische Ausfälle sofort zu erkennen – mit Hall-Effekt-Stromsensoren, Stromwandlern und Rogowski-Spulsensoren können Entwickler flexibel die Lösung wählen, die wichtige Zielkriterien wie Leistung, Zuverlässigkeit und Kosten erfüllt.
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