Auswahl und Verwendung intelligenter Stromerfassungs- und -überwachungstechnologien (anstelle von Sicherungen)
Zur Verfügung gestellt von Nordamerikanische Fachredakteure von DigiKey
2016-10-06
Bisher wurde zum Schutz eines Designs vor Überstrombedingungen zumeist eine Reihensicherung integriert. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um einen Widerstand, der sich erwärmt und schmilzt, wenn zu viel Strom durch ihn fließt, wodurch ein offener Stromkreis entsteht und der Stromfluss unterbrochen wird. Allerdings ist eine Sicherung eine recht simple Lösung, und ihr Austausch kann zeitaufwendig und teuer sein, insbesondere an schwer zugänglichen Einsatzorten.
Eine elegantere Lösung ist die Überwachung des Stroms in Echtzeit, um potenzielle Überstromsituationen zu erkennen, bevor sie auftreten, und das Ergreifen von entsprechenden vorbeugenden Maßnahmen. Dieser Artikel beschäftigt sich mit den zugrunde liegenden Prinzipien und Komponenten, aus denen ein Überstromerkennungssystem besteht; er befasst sich mit den Fehlerquellen und deren Vermeidung und liefert Beispiele für die Verwendung solcher Systeme.
Stromüberwachungstechniken
Es gibt je nach Typ (AC oder DC) und Größe des zu messenden Stroms mehrere Verfahren zur Stromüberwachung.
Bei der direkten Messung fließt der zu messende Strom durch das Messgerät, bei dem es sich um einen Shunt oder einen Transistor handeln kann. Dieses Verfahren resultiert in einer kleinen und kostengünstigen Lösung mit hoher Genauigkeit, die in der Regel bevorzugt wird, sofern das möglich ist.
Viele Anwendungen erfordern die indirekte Strommessung, bei der es eine galvanische Trennung zwischen dem stromführenden Leiter und dem Messgerät gibt. Bei dem indirekten Verfahren wird ein mit dem Strom verknüpfter Parameter gemessen, zum Beispiel das Magnetfeld, das durch den Strom in einer Spule erzeugt wird.
Mit dieser Technik lässt sich eine hohe Genauigkeit erzielen; sie ist jedoch zu komplex und teuer, um als Ersatz für Sicherungen in den meisten Überstromanwendungen in Frage zu kommen. Stattdessen werfen wir einen Blick auf drei direkte Messverfahren, die einen Strommesswiderstand oder einen Leistungs-MOSFET als Sensorelement verwenden.
Es stimmt zwar, dass eine weitere Ebene an Komplexität die Materialkosten (BOM) erhöht, doch in einigen Fällen sind vielleicht bereits Schaltungselemente verfügbar, z. B. ungenutzte Mikrocontrollerkapazität, mit denen sich die Funktionalität mit geringen Kosten erweitern lässt. In anderen Fällen können die Gesamtbetriebskosten (TCO) die zusätzlichen Kosten durchaus rechtfertigen, sofern sich dadurch eine Reise zu einem abgelegenen Ort erübrigt, um eine Sicherung zu wechseln.
Direkte Messung mit einem Strommesswiderstand
Der einfachste direkte Ansatz ist die Messung des Stroms mit einem Shunt-(Reihen-)Strommesswiderstand, ein direktes Verfahren, dessen Vorteile Einfachheit und Linearität sind. Nach dem Ohmschen Gesetz (U = I x R) entspricht die Spannung über dem Widerstand der Höhe des Stroms.
Für Hochstrom-Präzisionsanwendungen, wie etwa das Batteriemanagement in der Automobiltechnik, bietet Vishay spezielle Shunt-Widerstände an, z. B. den WSBS8518L1000JK, sowohl als eigenständige Komponente als auch integriert in ein gegossenes Gehäuse (WSBM8518L1000JK) zur einfachen Platinenmontage (Abbildung 1).
Abbildung 1: Der einfachste direkte Ansatz ist die Messung des Stroms mit einem Shunt-(Reihen-)Strommesswiderstand wie dem WSBS8515L100JK von Vishay Dale als diskreter Präzisions-Shunt-Widerstand (oben) oder in seinem entsprechenden Gehäuse (unten). (Bild mit Genehmigung von Vishay Dale)
Das Gehäuse verfügt über eine 4-polige Buchse, die zu einem Standard-Molex-Stecker passt. Der Widerstand kann bei lediglich 100 µΩ liegen, mit einer Induktivität von weniger als 5 nH und einem Widerstands-Temperaturkoeffizienten (TCR) von weniger als ±20 ppm/ºC.
High-Side- und Low-Side-Erkennung
Bei Verwendung eines Shunt-Widerstands können Sie diesen entweder zwischen der Last und der Rückleitung (Low-Side-Messung) oder zwischen der Last und der Stromversorgung (High-Side-Messung) platzieren. Die Low-Side-Messung ist einfach und preiswert, da der Shunt-Widerstand massereferenziert ist und mit einem standardmäßigen Operationsverstärker gepuffert werden kann. Ein Nachteil der Low-Side-Messung: Sie erkennt keine Stromkreisunterbrechung oder einen Kurzschluss auf der Low-Side der Last. Der Shunt-Widerstand führt auch einen Widerstand in den Massepfad ein, was in einigen Anwendungen inakzeptabel sein kann.
Bei der High-Side-Messung entstehen zwar keine Massestörungen, aber auf jeder Seite des Shunt-Widerstands liegt eine Gleichtaktspannung an, die den Gleichtaktspannungsbereich eines standardmäßigen Operationsverstärkers oder dessen Versorgungsspannung übersteigen kann.
Shunt-Widerstand-ICs
Es gibt viele ICs, die speziell zur Erkennung von Überstrombedingungen konzipiert wurden, wie z. B. den Strommesskomparator INA300 von Texas Instruments. Der INA300 arbeitet mit einer 5-V-Versorgung, kann jedoch eine Gleichtaktspannung bis zu 36 V tolerieren. Der Überstromschwellenwert ist anpassbar und kann entweder durch einen Digital-Analog-Wandler (DAC) oder einen externen Widerstand eingestellt werden. Die Reaktionszeit kann zwischen 10 μs und 100 μs liegen. Der Warnausgangs-Pin folgt entweder dem Eingangsstatus (transparenter Modus) oder rastet nach einer Überstrombedingung ein. Im Einrastmodus löscht der Mikrocontroller des Systems die Einrastung, um den Empfang einer Warnung zu bestätigen.

Abbildung 2: Der INA300 von Texas Instruments schützt mit seinen vielen Funktionen, z. B. programmierbare Schwellenwertspannung und Reaktionszeit, vor Überstrombedingungen. (Bild mit Genehmigung von Texas Instruments)
Obwohl jede Stromregelungsanwendung eine Überstromerkennung enthalten kann, indem der Strom intern im System-Mikrocontroller mit einem Referenzwert verglichen wird, können einige Anwendungen (z. B. industrielle Motorsteuerungen und DC/DC-Wandler) eine Hochgeschwindigkeits-Überstromerkennung erfordern, um Schäden an den nachgeschalteten Komponenten zu vermeiden.
Abbildung 3 zeigt ein Stromregelsystem mit einer separaten Hochgeschwindigkeits-Schutzschaltung. Der AD8211 von Analog Devices verstärkt die Spannung über den Shunt-Widerstand und liefert das Feedback-Signal für den Regelkreis. Der Baustein weist Gleichtaktspannungen bis zu 65 V ab und verfügt über einen massereferenzierten, gepufferten Ausgang, der sich für den Anschluss an einen Analog-Digital-Wandler (ADC) eignet.

Abbildung 3: Der AD8211 und der AD8214 bilden zusammen ein Stromüberwachungs- und -erkennungssystem, das in weniger als 100 ns auf eine Überstrombedingung reagieren kann. (Bild mit Genehmigung von Analog Devices Inc.)
Die Schutzfunktion wird über einen anderen Baustein von Analog Devices realisiert, den AD8214. Es handelt sich hierbei um einen extrem schnell auf hohe Gleichtaktspannungen reagierenden Strom-Shunt-Komparator, der in 100 ns ein Überstromerkennungssignal bereitstellen kann. Der AD8214 verfügt über einen internen Zener-Regler, der den Betrieb des Bausteins mit einer Versorgungsspannung von bis zu 65 V ermöglicht.
Fehlerquellen
Für Niedrigstromanwendungen ist es möglich, die Kosten zu minimieren und einen standardmäßigen Leistungswiderstand als Shunt zur Strommessung zu verwenden. Allerdings wirkt sich die Toleranz des Shunt direkt auf die Genauigkeit der Überstromerkennung aus. Ein größerer Widerstandswert erhöht die Stärke des Signals, erzeugt aber auch mehr Hitze und könnte zu zusätzlichen Kosten führen, wenn ein Kühlkörper oder andere Methoden zum Wärmemanagement erforderlich sind.
Wenn der Shunt-Widerstand als Teil eines Steuerungssystems verwendet werden soll, wie das in Abbildung 3 gezeigt wird, hat das Spannungssignal einen großen Dynamikbereich, sodass ein Präzisionswiderstand mit niedriger Toleranz und niedrigem Widerstands-Temperaturkoeffizienten (TCR) bevorzugt wird.
Strommessung auf Basis von Rds(ON)
Eine weitere Möglichkeit zur Erkennung einer Überstrombedingung ist das Weglassen des Shunt-Widerstands und die Verwendung des Leistungs-MOSFET selbst als Sensorelement. Abbildung 4 zeigt den MOSFET-Treiber AUIR3200S von Infineon, der auch einen Kurzschlussschutz bietet.

Abbildung 4: Der MOSFET-Treiber AUIR3200S mit integrierter Überstromerkennung und Temperaturkompensierung. (Bild mit Genehmigung von Infineon Technology)
Der Baustein erkennt den Spannungsabfall über den Leistungs-FET, der eine Funktion des Laststroms und des RDS(ON) des FET ist. Wenn der MOSFET eingeschaltet wird, ist die Spannung an der Quelle VS gegeben durch:
VS wird in den Source-Pin (S) des AUIR3200S eingespeist, von dem sie mit einer Referenzspannung VDS verglichen wird.
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IVDS wird mit einer internen Stromquelle auf 1 mA eingestellt, sodass RVDS effektiv den Wert von VDS ermittelt. VBAT kann ebenfalls variieren, insbesondere in Anwendungen der Automobiltechnik. Sie wirkt sich jedoch nicht auf den Vergleich der beiden Spannungen aus.
Wenn eine Überstrombedingung auftritt, übersteigt VS den Wert von VDS. Das löst den internen Komparator aus und schaltet den MOSFET aus.
Um Fehler zu reduzieren, sollte ein geringer Toleranzwert für RVDS gewählt werden. Der Wert von RDS(ON) eines Leistungs-MOSFET ist relativ unempfindlich gegenüber dem Drain-Strom, nimmt jedoch mit steigender Sperrschichttemperatur (TJ) zu. Um dies zu kompensieren, ist ein positiver Temperaturkoeffizient in die IVDS-Stromquelle des AUIR3200S integriert. Beachten Sie, dass der AUIR3200S so nah wie möglich zum MOSFET montiert werden sollte, um den Ausgleich der Temperaturen der beiden Bausteine zu unterstützen.
Direkte Messung in Hochstromanwendungen
Für Hochstromanwendungen kann der Shunt-Widerstand mehr Wärme als zulässig einführen, was vor allem für Hochtemperaturumgebungen wie den UTH-(Under the Hood)-Modulen in der Automobiltechnik gilt. In diesen Fällen kann ein Stromverteilungs-MOSFET die Lösung sein. Er ermöglicht eine verlustarme Methode der Strommessung.
Wie funktioniert ein Stromverteilungs-MOSFET? Moderne Leistungs-MOSFETs umfassen Tausende von identischen Transistorzellen, die parallel geschaltet sind, um den Gesamt-Einschaltwiderstand (RDS(ON)) zu minimieren. Ein Strommess-MOSFET benutzt einen kleinen Teil dieser parallelen Zellen, um einen zweiten Low-Power-MOSFET zu bilden (auch als senseFET bezeichnet). Dieser ist von dem Leistungsbaustein isoliert und verfügt über ein gemeinsames Gate und Drain, aber über eine separate Quelle, die als ein SENSE-Pin herausgeführt wird. Abbildung 5 zeigt die Ersatzschaltung.

Abbildung 5: Ersatzschaltung eines Strommess-MOSFET, der zur direkten Messung in Hochstromanwendungen verwendet werden kann. (Bild mit Genehmigung von NXP Semiconductors)
Wenn der Hauptleistungstransistor eingeschaltet wird, gibt der SENSE-Pin einen Strom-SENSE-Wert aus, der proportional zu dem der Hauptstromlast ist: Ein typisches Verhältnis ist 1:500 bzw. 0,2 %.
Abbildung 6 zeigt eine typische Schaltung, die mit einem Strommess-MOSFET verwendet wird. Eine doppelte Operationsverstärker-Schaltung wandelt das ISENSE-Signal in eine Spannungseingabe für den System-Mikrocontroller um.

Abbildung 6: Anschluss eines Stromverteilungs-MOSFET an einen System-Mikrocontroller (Bild mit Genehmigung von NXP Semiconductors)
Der IXTN660N04T4 von IXYS ist ein Beispiel für einen N-Kanal-Strommess-FET für Hochstromanwendungen. Dieser Baustein kann einen Drain-Strom von bis zu 660 A tolerieren.
Die Genauigkeit der Stromüberwachungsschaltung hängt von der Toleranz von RSENSE ab, aber zur Verwendung als Ersatz für die Sicherung sind 5 % oder 10 % mehr als ausreichend. Die Messausgabe eines typischen Strommess-FET weist zwar eine Schwankung von ±5 % auf, doch noch einmal: Seine Leistung ist für Überstrom- oder Kurzschlusssituationen mehr als ausreichend. Das Stromsignal VOUT in Abbildung 6 ist ein analoges Signal und mit einem Analog-Digital-Wandler-(ADC)-Eingang verbunden, doch die externe Schaltung könnte leicht modifiziert werden, um stattdessen ein digitales Überstromsignal zu erzeugen.
Fazit
Für den Überstrom- und Kurzschlussschutz stehen Designern heute viele andere Optionen als eine einfache Sicherung zur Verfügung. Obwohl das Hinzufügen einer weiteren Ebene an Komplexität möglicherweise zum Anstieg der Materialkosten (BOM) führt, können unter Berücksichtigung der Gesamtbetriebskosten (TCO) die zusätzlichen Kosten gerechtfertigt sein, wenn sie zu verringerten Gesamtkosten über die Lebensdauer des Produkts führen.
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